Die Kluft zwischen arm und reich

Laut einer aktuellen DIW-Analyse von Markus M. Grabka und Christian Westermeier auf der Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) sind die Vermögen in keinem Euro-Land so ungleich verteilt wie in Deutschland. Nicht nur zwischen arm und reich, auch zwischen Ost und West klafft die Schere weit auseinander.

Die Studie vermittelt den Eindruck, dass es in den letzten Jahren keinen signifikanten Veränderungen gab, weder bei den individuellen Nettovermögen in Deutschland, noch beim Gini-Koeffizient, der die Vermögensverteilung in einem Land misst. Grabka und Westermeier betrachten in ausgewählten Perzentilen die Nettovermögen von Bundesbürgern ab dem 17. Lebensjahr. Ein Perzentil, also ein 1%-Segment, gibt das geschätzte Nettovermögen von rund 700.000 Bundesbürgern wieder.

DIW Wochenbericht 9-2014 Vermögensverteilung

“Bei der Interpretation dieser Ergebnisse muss beachtet werden, dass eine bevölkerungsrepräsentative Stichprobe (Anm.: Erfassung von Vermögen durch Befragung) wie das SOEP den Bereich sehr hoher Vermögen tendenziell untererfasst und damit das Ausmaß an Vermögensungleichheit unterschätzt. Es kann vermutet werden, dass es in den vergangenen zehn Jahren zu einem Anstieg der Vermögensungleichheit gekommen ist, da nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen sind.”

Ein Vergleich mit der PHF-Studie der Bundesbank zeigt, dass die Pro-Kopf-Nettovermögen in der aktuellen DIW-Analyse unterschätzt werden.

Eine zentrale Funktion von Vermögen ist die Stabilisierung des Konsums bei Einkommensausfällen, z.B. durch Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Rentenalter. Das Vermögen ausschließlich durch körperliche und geistige Arbeit entstehen, ist ein weit verbreiteter Mythos.

Wie sieht es in der Realität aus? Die Vermögen wachsen zu größten Teil nicht durch Fleiß und Sparsamkeit, sondern leistungslos durch Zins und Zinseszins. Die Bundesbank spricht in mehreren Monatsberichten über die “Selbstalimentation der Geldvermögensbildung”. 1993 schätzte die Bundesbank diese zinsbedingte Zunahme der Geldvermögen auf 80% der Neuersparnisse.

Vermögen alimentieren sich also selbst, und zwar zu Lasten Dritter!

Diese Entwicklung wird auch bei einer genaueren Betrachtung des Volkseinkommens deutlich. In Deutschland konnte das Volkseinkommen, vereinfacht betrachtet die Summe aus Arbeits- und Kapitaleinkommen, in den letzten 20 Jahren um mehr als 65% gesteigert werden. Die Arbeitseinkommen blieben weit hinter dem Anstieg des Volkseinkommens zurück und erreichten nur rund die Hälfte des Anstieges des Volkseinkommens. Der Anstieg der Kapitaleinkommen fiel dem entsprechend deutlich höher aus. Damit reduziert sich zwangsläufig die Möglichkeit für Bezieher von Arbeitseinkommen, die vermehrt geschaffenen Produkte zu erwerben, selbst wenn der Bedarf vorhanden wäre. Die Kapitaleinkommen werden zum größten Teil nicht für den Konsum verwendet.

Wie groß ist die Kluft zwischen arm und reich tatsächlich?

Erst ein Vergleich mit dem Vermögen des Aldi-Gründers Karl Albrecht verdeutlicht, wie groß der Abstand zwischen arm und reich wirklich ist. Selbst das 99-Prozent-Perzentil der DIW-Studie verschwindet im “Nichts”.

DIW 9-2014 Vermögensverteilung Vergleich mit dem Vermögen von Karl Albrecht

Es ist unvorstellbar, dass Vermögen dieser Größenordnung ausschließlich durch körperliche und geistige Arbeit in einem Arbeitsleben entstehen können. Das aktuelle Gesamtvermögen von Karl Albrecht wurde vom US-Wirtschaftsmagazin Forbes im März 2014 auf ca. 18,2 Mrd. Euro geschätzt.

Den meisten Systemgewinnern sind die mit Zins und Zinseszins einhergehenden Probleme nicht bewusst. Die leistungslose Umverteilung durch Zins und Zinseszins wird auch von einem Großteil der Bevölkerung nicht hinterfragt. Selbst nicht von denen, die auf der Verliererseite stehen. Auch die beiden Aldi-Gründer haben von Menschen gemachte Gesetze nur vorgefunden und nicht erlassen. Nur sind die Gesetze der Wirtschaftswissenschaften keine Naturgesetze und mitnichten alternativlos.

Eine Wirtschaftssystem, dass in erster Linie dem Kapital dient, kann nur zeitlich begrenzt dem Gemeinwohl dienen. Die Dramatik exponentieller Geldsysteme wird in ihren Spätzeiten deutlich, wenn sie Menschen und Natur irreparable Schäden zufügen. Nur in einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus können diese Schäden vermieden werden. Fließendes Geld ist eine Antwort auf die Fragen unserer Zeit.

Quellen:
DIW Wochenbericht 9-2014 Vermögensverteilung
Wikipedia Karl Albrecht

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Verantwortung übernehmen

Warum sollte man Verantwortung übernehmen?

Der Mensch unterscheidet sich von anderen Tieren. Dieser Unterschied schrumpft mit forschreitender Erforschung in sich zusammen. Doch sicher gibt es einen Unterschied, wenngleich dieser nicht zur Dominanz des Menschen über andere Tiere berechtigt. Woher sollte sich dieses Recht ableiten? Darum bitte ich jeden Leser. Über dieses vermeintliche Recht nachdenken.

Im Grunde ist dies alles, worum ich bitte. Nachdenken.

Denn in diesem reflexiven Denken könnte in der Tat der Unterschied zwischen Menschen und anderen Tieren liegen. Wir können über den Sinn unserer Existenz nachdenken. Sollten wir es denn auch tun?

Wer denkt, der muss sich wandeln. Permanent. Wer denkt, der muss Verantwortung übernehmen, denn er wird Erkenntnisse erlangen. Wer Erkenntnisse erlangt, der haftet für dieses Wissen. Im Mindesten moralisch. Wer Wissen um Umstände hat, der übernimmt Verantwortung für dieses Wissen. Man kann fragen: Warum muss man Verantwortung für dieses Wissen übernehmen? Es ist schwierig diese Frage endgültig zu beantworten, da sie an den ursprünglichsten philosophischen Fragestellungen kratzt. Ich will es pragmatisch versuchen: Wer an Fortschritt glaubt; wer an Modernisierung glaubt; wer an die Menschheit glaubt; wer an Gott glaubt; kurz: Wer an die Sinnhaftigkeit der menschlichen Existenz glaubt, wer also nicht verabsolutierter Relativist ist, für den leitet sich aus diesem immanenten Sinn eine Verantwortung für die Etablierung und Bewahrung des Sinns ab.

Aus diesem Grund muss man Verantwortung für viele Dinge übernehmen, wobei man es in der Regel bisher nur marginal tut.

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Verschuldungswahnsinn

“Schulden: ein genialer Ersatz für die Kette und Peitsche des Sklaventreibers.”
Ambrose Gwinnett Bierce (1842-1914), US-amerikanischer Journalist

Fritz Schäffer, erster Bundesfinanzminister von 1949-1957, war der einzige Finanzminister in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, der ein Guthaben ansparte. Man bezeichnet dieses Guthaben als “Juliusturm” in Anspielung auf den ca. 32 Meter hohen Wehrturm der Berliner Zitadelle Spandau, in welcher ein Teil des Reichskriegsschatzes eingelagert war. Der Jurist Fritz Schäffer war sehr sparsam. Am Ende seiner Amtszeit konnte Schäffer rund 7 Mrd. Mark an liquiden Mitteln im Staatssäckel ausweisen.

Wegen dieser Überschüsse wurde Schäffer ständig kritisiert. Schäffer warnte immer wieder vor der Gefahr eines Staatsbankrotts und untermauerte die Warnungen mit Rücktrittsandrohungen. 1957 wechselte Schäffer ins Bundesjustizministerium und musste von dort aus mit ansehen, wie sein Nachfolger Frank Etzel die Kassenüberschüsse auflöste und den “Juliusturm” niederriss.

Bundesfinanzminister Etzel hinterließ 1961 zum Ende seiner Amtszeit eine Gesamtverschuldung in Höhe von 57 Mrd. Mark. Seit Etzel haben alle Bundesfinanzminister den Schuldenberg immer weiter erhöht.

Staatsverschuldung und Bundesfinanzminister 1950-2013

Die gewaltige Summe von über zwei Billionen Euro ist leider nur die Spitze des Eisbergs. Tatsächlich ist die Staatsverschuldung viel höher. In den amtlichen Statistiken wird nur die explizite Staatsverschuldung (Bundesanleihen, Bundesschatzbriefe, kommunale Anleihen) abgebildet. Die implizierte Verschuldung (versteckte Schulden, z.B. ÖPP; zukünftige Verpflichtungen, z.B. Renten- und Pensionsansprüche) wird in keiner Statistik erwähnt.

“Auf mehr als 4,8 Billionen Euro oder 185 Prozent des BIP kalkuliert der Freiburger Finanzwissenschaftler Bernd Raffelhüschen alle durch das heutige Steuer- und Abgabenniveau nicht gedeckten Leistungsversprechen des Staates, insbesondere der Sozialversicherungen.” (Handelsblatt, Deutschlands große Lüge, 24.09.2011)

Rechnet man implizierte und explizite Staatsverschuldung zusammen, kommt man laut der Studie von Bernd Raffelhüschen auf ca. 7 Billionen Euro.

Diesem Schuldenberg steht in annähernd gleicher Höhe ein Vermögensberg gegenüber. Dies wird immer wieder gern vergessen. An die nächste Generation wird nicht nur ein Schuldenberg, sondern auch ein Vermögensberg vererbt. Der größte Teil der nächsten Generation wird den Schuldenberg erben, den Vermögensberg erbt nur einen kleiner Teil der Bevölkerung. Die zunehmende Staatsverschuldung dient dem weiteren Wachstum des Vermögensberges und die benötigten Zahlungsmittel für den Schuldendienst werden wiederum vom größten Teil der Bevölkerung erarbeitet.

Verteilung der Nettogesamtvermögen aller Bundesbürger über 17 Jahre DIW 2007

In einem Geldsystem mit “Fließendem Geld” könnte man schon heute wirkungsvoll dem Problem der Vermögensüberentwicklung entgegenwirken. Statt Kapitalismus pur kann mit “Fließendem Geld” eine menschengerechte, soziale Marktwirtschaft entstehen und die in Europa entstandene und für Europa typische humanistische Werteordnung muss nicht dem Profitwahn einiger Weniger geopfert werden.

“Verschuldung ist nichts weiter als vorgezogener Konsum,
der in der Zukunft ausfällt.”

Dr. Hjalmar Schacht, Reichsbankpräsident von 1923-1930

Quellen:
Wikipedia Liste der deutschen Finanzminister
Wikipedia Staatsverschuldung Deutschlands
Handelsblatt Deutschlands große Lüge

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Stammtischtermine 2014

Der Stammtisch wird ab März 2014 jeden ersten Donnerstag des Monats ab 19.30 Uhr im Jugendbildungsprojekt Wintergrüne stattfinden. Unser nächstes Stammtischtreffen ist am 6. März 2014. Der erste Donnerstag im Mai ist ein Feiertag, deshalb treffen wir uns am 8. Mai.

Alle 2014er Termine auf einen Blick:

6. März 3. April
8. Mai 5. Juni
3. Juli 7. August
4. September 2. Oktober
6. November 4. Dezember

Anschrift:
Jugendbildungsprojekt wintergrüne
Wintergrüne 2
04860 Torgau

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Stammtischtreffen vom 30.1.2014

Im folgenden Beitrag möchte ich für alle interessierten Außenstehenden das letzte Treffen zusammenfassen und damit für aktive Teilnahme werben.

Fließendes Geld Stammtisch Torgau
Donnerstag Abend, ab 19.30 Uhr, traf sich unser Stammtisch der Freunde einer Stärkung der Region Nordsachsen in der Wintergrüne 2 in Torgau.

Klaus informierte die Anwesenden über den akutellen Stand unserer Initiative:
Der Name für unser entstehendes Konzept zur Regionalentwicklung, mit dem wir eindeutig auf die individuellen Qualitäten und Leistungen der Menschen in unserer Region verweisen wollen, wurde vorgestellt und erläutert.

In den letzten Wochen kam es zu einigen wichtigen Gesprächen:
So wurde mit unseren Dresdner Freunden die Entwicklung der Verwaltungssoftware, welche den elektronischen Teil unseres Regionalkonzeptes ermöglichen soll, weiter besprochen und geplant.
Weiterhin gab es Gespräche mit Unternehmern und Vereinen, in dem ein Umsetzungsvorschlag der Idee vorgestellt wurde. Dabei ergab sich, dass wir unser Regionalkonzept gerne auf mehrere eigenständige Regionen aufbreiten würden, um so die Finanzierung besser stämmen zu können.
Ebenso gab es ein Treffen mit dem Landratsamt, bei dem die Möglichkeit einer EU-Förderung besprochen wurde. Vor Ort lobte man die Idee, da sie einen optimalen Vorschlag für die “Daseinsfürsorge” (die zukünftige Gestaltung sowie Absicherung des Lebens der Menschen) und “Vernetzung” der Region darstelle. Es bleibt Ungewissheit bezüglich einer Förderung durch die EU bestehen, da diese noch keinen Förderungsplan für die kommenden Jahre aufgestellt hat.
Aus diesem Grund verfolgt Klaus eine Förderungsausschreibung der Robert Bosch Stiftung, die regionale Projekte fördern möchte. Wir rechnen uns in diesem Punkt sehr hohe Chancen aus, da das Konzept äußerst ambitioniert ist und einen gewaltigen Fortschritt für unsere Region bedeuten kann.
Das Hauptaugenmerk liegt demnach also im Moment hauptsächlich auf der Suche nach Förderungsmöglichkeiten, während wir uns parallel selbstverständlich bemühen, die Menschen, Vereine und Unternehmen der Region für die das Regionalkonzept zu begeistern.

Vor der abschließenden Diskussionsrunde wurden einige Termine genannt:
Der Stammtisch wird ab März 2014 jeden ersten Donnerstag des Monats ab 19.30 Uhr in der Wintergrüne 2 stattfinden. Unser nächstes Stammtischtreffen ist demnach am 6. März.
Beim Elbeday am 26. April wollen wir mit einem Informationsstand teilnehmen. Man kann uns zu diesem Ereignis also gerne mit Fragen, Vorschlägen und Kritik überhäufen.
Der Tag der Sachsen findet dieses Jahr vom 5. bis zum 7. September in Großenhain statt. Selbstverständlich lassen wir uns dieses Ereignis nicht entgehen und werden frisch und fröhlich vor Ort sein.

Wir freuen uns auf eure Anwesenheit beim nächsten Stammtischtreffen!

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Blühende Landschaften

Helmut Kohl prophezeite am 1. Juli 1990 in seiner Fernsehansprache anlässlich des Inkrafttretens der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion: “Durch eine gemeinsame Anstrengung wird es uns gelingen, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Sachsen und Thüringen schon bald wieder in blühende Landschaften zu verwandeln, in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt.”

In den folgenden Jahren wiederholte Kohl diese Prophezeiung mehrfach.

1990: “Ich sage Ihnen, meine lieben Mitbürger, voraus, dass die neuen Bundesländer in drei, vier Jahren, oder vielleicht fünf Jahren, aber bestimmt nicht später, blühende Landschaften sein werden.”

1990: “Wir werden vermutlich in einem Jahr die Talsohle durchschritten haben. In vier, fünf Jahren wird es dort in den neuen Bundesländern blühende Landschaften geben.”

1991: “Und ich bin mehr denn je davon überzeugt, dass wir in den nächsten drei bis vier Jahren in den neuen Bundesländern blühende Landschaften gestalten werden.”

1992: “… bald schon blühende Landschaften, in denen zu leben und zu arbeiten lohnt…”

1994: “Die blühenden Landschaften sind doch unterwegs, vier, fünf Jahre wird es noch dauern.”

1994: “Die blühenden Landschaften sind doch unterwegs, nur der Faktor Zeit hat sich verschoben.”

1994: “Ich bleibe bei den blühenden Landschaften, ich habe früher vier bis fünf Jahre gesagt, jetzt verdoppele ich die Zahl.”

1998 tauchten die blühenden Landschaften noch einmal im Bundestagswahlkampf auf. Die CDU verwendete den Begriff auf ihren Wahlplakaten und warb darauf u.a. mit sanierten und restaurierten Gebäuden aus den neuen Bundesländern.

Habe ich Kohl vielleicht falsch verstanden? Ging es ihm nur um die Sanierung maroder Immobilien und Straßen in der ehemaligen DDR? Wartet Helmut Kohl heute immer noch auf die blühenden Landschaften, “in denen es sich zu leben und zu arbeiten lohnt”?

Viele Menschen in den neuen Bundesländern warten nicht mehr.

Die Aussichten in unserem Landkreis sind schlecht. Nordsachsen verliert pro Jahr etwa 1 % seiner Einwohner – nicht durch den demografischen Wandel, sondern durch Abwanderung. Besonders schmerzlich ist dabei die Abwanderung qualifizierter junger Menschen.

Der Landkreis ist wirtschaftlich schwach. Neuansiedlungen von größeren Unternehmen in unserer Region sind eher selten. Die von Politik und Wirtschaft angestrebte Steigerung der Produktivität wird in hochindustrialisierten Ländern, wie in Deutschland, durch Industrialisierung, also Spezialisierung, Mechanisierung, Automatisierung und Rationalisierung erzielt. Die Arbeitsproduktivität hat sich in Deutschland dadurch in den letzten 50 Jahren mehr als vervierfacht. Maschinenarbeit ersetzt Menschenarbeit. Durch die voranschreitende Industrialisierung sinkt der Anteil menschlicher Arbeit. In den letzten zehn Jahren ist die Anzahl atypischer Beschäftigungsverhältnisse gestiegen, jedoch ist die Anzahl von Beschäftigungsverhältnissen in Vollzeit mit mindestens 21 Arbeitsstunden pro Woche um über 5,0 Mio. Vollzeitstellen gesunken. Die Gewinne des technischen Fortschritts werden privatisiert. Maschinen zahlen keine Einkommensteuer, konsumieren nichts und gründen keine Firmen. Dem Landkreis fehlen die Einnahmen. Nordsachsen ist mit über 100 Mio. Euro verschuldet. In den kommenden Jahren wird sich die Verschuldung des Landkreises rapide erhöhen. Der Fehlbetrag wird auf rund 20 Mio. Euro pro Jahr geschätzt. Das wird der Landkreis auch mit Steuererhöhungen niemals wieder tilgen können.

Wo sind die blühenden Landschaften? In den Karten des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes und der Gesellschaft für Konsumforschung sind heute noch die Grenzen der ehemaligen DDR erkennbar.

Armutsatlas GfK-Kaufkraftindex DDR

Die Zukunftsaussichten für unseren Landkreis sind nicht gut. Im Prognos-Zukunftsatlas 2013 finden wir Nordsachsen auf Platz 388.

Den neuen Bundesländern fehlen regionale Wirtschaftskreisläufe. Die ehemals vorhandenen Strukturen sind mit der Wiedervereinigung zusammengebrochen. Die meisten Menschen in den neuen Bundesländern decken ihren täglichen Bedarf mit den Dingen aus anderen Regionen bzw. Ländern. Die Kaufkraft unserer Region fließt über diese Waren und Dienstleistungen aus anderen Regionen und Ländern über die einzelnen Glieder immer länger werdender Wertschöpfungsketten ab. Der Abstand zwischen Produktion und Konsum wird immer größer. Zusätzlich fließt die Kaufkraft durch Interneteinkäufe und Einkaufstourismus aus der Region ab.

Was kann man tun? Kann man überhaupt etwas tun?

Die wichtigste und greifbarste Aufgabe, der wir uns stellen können, ist der Aufbau regionaler Wirtschaftkreisläufe. Die Kaufkraft im Landkreis ist gering. Mit 81,3 Prozent des Bundesdurchschnitts befindet sich Nordsachsen im Ranking der 402 Landkreise auf Platz 372. Es hilft uns nicht, hier neidvoll auf andere Regionen zu blicken.

Wesentlich interessanter sind Informationen über die Kaufkraftbindungsquote, denn aus ihr kann abgeleitet werden, ob die regional vorhandene Kaufkraft lokal genutzt wird oder abfließt. Vor allem im ländlichen Raum liegt die Kaufkraftbindungsquote in Deutschland teilweise unter 25 Prozent. In Nordsachsen liegt sie bei ca. 45 Prozent. Mit jedem Prozent zurückgewonnener Kaufkraftbindung stärken wir unseren Landkreis. Neben den vielen kommunalen Bemühungen, die Infrastruktur zu erhalten bzw. auszubauen und die vorhandenen wirtschaftlichen Potentiale zu fördern, um Menschen und Unternehmen in der Region zu halten und zu gewinnen, kann also jeder Einzelne mit seinem Kaufverhalten zur Stärkung der Region beitragen.

Holger Reinboth, Vorsitzender vom “Verein zur Bewahrung und Förderung des ländlichen Raumes Ostelbien e.V.”, beschreibt diesen Gedanken einer positiven regionalen Identität in einem Interview mit der Torgauer Zeitung mit den Worten “… dass die Region ihr wunderbares Potenzial begreift und auch von außen als erfrischend wahrgenommen wird – trotz der vielen Probleme, die wir zweifellos haben”.

Quellen:
Fünf Jahre sind genug! – Neue DDR-Witze, Ernst Röhl, Eulenspiegel-Verlag
Arbeitswende, Prof. Günther Moewes, pad-Verlag
Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Armutsquoten 2007
GfK GeoMarketing GmbH www.gfk.com/geomarketing-de
GfK GeoMarketing GmbH GfK Kaufkraftindex 2014
Prognos Zukunftsatlas 2013
Torgauer Zeitung 2.2.2013 Geringe Kaufkraft in Nordsachsen
Torgauer Zeitung 21.12.2013 Ostelbiens Leckerschmecker
Wikipedia Blühende Landschaften
Wikipedia Kaufkraft (Konsum)
Wikipedia Kaufkraftbindungsquote

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Geldmachtelite: Das Imperium der Milliardäre

Seit Start unseres Blogs thematisieren wir die verschiedenen Facetten unseres Geldsystems, einhergehend mit dem Angebot einer solide fundierten Alternative.
Doch zumindest im Hintergrund schwingt in fast jedem Beitrag auch immer ein äußerst heikles Thema mit: die Frage nach der Macht.
Hierbei will ich Macht gemäß dem Soziologen Max Weber kurz definieren: So sei Macht “die Chance, den eigenen Willen (gegen Widerstand) durchzusetzen”.

Im Zuge der letzten Finanz- und dadurch Realwirtschaftskrise 2008 ist es innerhalb einiger Medien, die überhaupt zum Thema berichten, populär gewurden, Banken als zentrale Verursacher zu bestimmen.

Mit dem folgenden Interview mit dem Autoren und Soziologen Hans Jürgen Krysmanski möchte ich einen Anreiz liefern, diese Position zu hinterfragen.
Krysmanski postuliert in seinem letzten Buch “0,1% Das Imperium der Milliardäre”, dass Banken und andere Finanzdienstleister lediglich die zweithöchte Stufe der globalen Machtkonzentration darstellen.

Das, was selbst über ihnen steht, nennt Krysmanski die Geldmachtelite (oder in Anlehnung an Eisenhower: den Geldmachtkomplex): Diejenigen Kapitalbesitzer, welche ein investierbares (fluides) Vermögen von wenigstens 500 Millionen US-Dollar aufweisen und damit fast zwingend Milliardäre sind.

Im Interview mit KenFM werden zentrale Gedanken des Buches angerissen. Darüber hinaus sei für jeden, der sich für Elitenforschung oder auch eine Vertiefung des Wissens um die Notwendigkeit der Einführung von Fließendem Geld (um eben jene Machtkonzentrationen zu brechen) interessiert, das Werk von Krysmanski empfohlen.

Viel Spaß und gutes Lernen bei diesem zweiteiligen Interview!

Teil 2:

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Geld regiert die Welt – Die Story im Ersten

Der Film von Tilman Achtnich und Hanspeter Michel ist “eine Spurensuche, die zu den eigentlichen Machtzentren dieser Welt führt”.

ARD – Die Story im Ersten, gesendet am 13.1.2014.

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Margrit Kennedy – Wir danken Dir

Unsere Erkenntnisfähigkeit kennt – zum Glück – weder zeitliche noch räumliche Grenzen. Menschliche Weisheit kann nicht nur nicht im Nichts verschwinden. Menschliche Weisheit kann sogar, und das ist einzigartig, unbegrenzt wachsen.

Menschliche Weisheit wächst durch einzigartige Menschen. Ihr Plus an Weisheit lässt das große Minus Stück für Stück kleiner werden.

Margrit Kennedy war so ein einzigartiger Mensch.

Prof. Margrit Kennedy

Prof. Margrit Kennedy
© http://www.margritkennedy.de

Mit Betroffenheit erfuhren wir, dass sie am 28.12.2013 im Alter von 74 Jahren verstorben ist. Ihrer Familie und ihren Freunden gilt unser aufrichtiges Beileid.

Als Architektin, Städteplanerin und Ökologin hörte sie einen Vortrag von Helmut Creutz. Fünf Jahre nach dieser Begegnung mit Helmut Creutz schrieb sie das Buch “Geld ohne Zinsen und Inflation – Ein Tauschmittel, dass jedem dient”. Dieses Buch wurde bisher in rund 20 Sprachen übersetzt. Von der deutschsprachigen Ausgabe erschienen seit 1988 schon zehn, zum Teil überarbeitete Auflagen.

Mit dem Buch “Regionalwährungen – Neue Wege zu nachhaltigem Wohlstand” veröffentlichte sie zusammen mit Bernard A. Lietaer 2004 ihre Vision von einem Geldsystem, dass den Menschen dient.

Mit ihren Büchern und Vorträgen inspirierte Margrit Kennedy viele engagierte Menschen. Über 50 Regionalgeldinitiativen, von denen einige schon Regionalwährungen herausgeben, sind in Deutschland entstanden.

Margrit Kennedy’s Idee von einem Geld, dass den Bedürfnissen der Menschen dient, wird weiterleben. Sie hat gezeigt, was jeder von uns dafür tun kann.

Nun ist sie gegangen. Ihre Seele bleibt.

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Die Notgeldausgaben des Kreises Torgau (4)

5. Die Notgeldscheine der Stadt Torgau
Da die Ausgabe von Notmünzen wegen des gestiegenen Metallpreises für die Torgauer Stadtkasse zu teuer geworden war, beschloß die Stadtverordnetenversammlung am 25.03.1920 die Ausgabe von eigenen Notgeldscheinen in den Wertstufen 5, 10 und 50 Pfennig. Die Scheine erschienen mit Ausgabedatum vom 31.03.1920, sie haben eine unterschiedliche Größe, Farben und Motive sind gleich. Der Druck erfolgte auf weißes Papier ohne Wasserzeichen, die Vorderseite enthält die Wertzahl und Zierelemente in grün und die Schrift in schwarz, die Rückseite das Torgauer Wappen in rotbraun. Beide Seiten sind mit einem rotbraunen Wellenlinien-Unterdruck versehen.

Größe Auflage
  5 Pfennig 6,5 x 4,5 cm 75.000 Stück
10 Pfennig 7,5 x 5,0 cm 100.000 Stück
50 Pfennig 8,4 x 5,4 cm 40.000 Stück

Der Herstellungspreis betrug 1,93 Pfennig je Schein. Die Ausgabe war bis 31.05.1921 gültig und konnte bis 30.06.1921 eingetauscht werden.

Am 22.12.1920 schrieb die Torgauer Zeitung, daß das Notgeld schon zu Ende geht und neues beschafft werden soll. Der Magistrat beantragte am 10.01.1921 den Druck von insgesamt 1,1 Millionen Scheinen in den Wertstufen 5, 10, 25 und 50 Pfennig. Mit der Herstellung wurde die Torgauer Firma F.H. Schmidt beauftragt, da sie mit 26.000 Mark das günstigste Angebot unterbreitete. Die Entwürfe lieferte der Regierungs- und Baurat Rudhard aus Torgau. Die Stadtverordnetenversammlung beschloß jedoch die Bestellung der l,5fachen Menge (1,65 Millionen Stück), da “die Einnahme der Stadt wegen Aufkäufe der Sammler nicht zu unterschätzen ist”. Als Ausgabedatum ist auf den Scheinen der 10.02.1921 angegeben, sie gelangten jedoch erst im Juni in Umlauf. Der Druck erfolgte in schwarz auf Papier ohne Wasserzeichen, folgende Varianten treten auf:

Variante 1
- Unterdruck beidseitig dunkelblau und gelb
- Einlösungstext auf der Vorderseite bei den Wertstufen 25 und 50 Pfennig in Antiqua

Variante 2
- Unterdruck beidseitig blaugrün und gelb
- Einlösungstext bei den Wertstufen 25 und 50 Pfennig in Fraktur
Von dieser Serie gibt es auch Fehldrucke der Wertstufen 5 und 10 Pfennig ohne schwarzen Druck auf der Rückseite.

Variante 3
- Unterdruck beidseitig blau und rot
- Einlösungstext in Fraktur

Motive der Notgeldscheine

5 Pfennig: Größe 7,6 x 5,0 cm, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Der Kurfürst entbot der Torgauer Troß 1542″.

10 Pfennig: Größe 8,3 x 5,4 cm, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Sie zogen gen Würzen zu Fuß und zu Roß”.

25 Pfennig: Größe 9,2 x 5,7 cm, Vorderseite Marienkirche von Torgau, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Die Kämpen trafen vor Würzen ein und kehrten hienach wieder heim 1542″.

50 Pfennig: Größe 10,0 x 6,5 cm, Vorderseite Schloß Hartenfels, Rückseite Geharnischter zu Pferd mit Umschrift: “Zum Dank den Bürgern ob der Müh der Fürst für immer den Harnisch lieh 1542″.

Die Rückseitenmotive nehmen Bezug auf ein Ereignis aus dem Jahre 1542. Der in Torgau residierende Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen verlangte vom Bischhof von Meißen die Einziehung der Türkensteuer. Da dieser sich weigerte, zog der Kurfürst mit einem Heer unter Teilnahme Torgauer Bürger zur Besetzung Wurzens aus. Herzog Moritz, ein Freund des Bischofs, rüstete zur Befreiung Wurzens, jedoch kam es durch Schlichtung des Landgrafen Phillip von Hessen nicht zum Kampf. Als Dank überließ der Kurfürst den Torgauern die Rüstungen und es entwickelte sich daraus die Tradition der Geharnischtenfeiern zu den Jahrestagen des Ereignisses.

Die Abgabe der Notgeldscheine an die Geschäftsleute erfolgte mit einem Verwaltungsaufschlag von 10 Prozent. Nach Aussage des Bürgermeisters war die Auflage der Serie mit rotem Unterdruck geringer, so daß diese an Sammler gegen eine Luxussteuer von 50 Pfennig je Serie abgegeben wurde.

Vom 22. bis 24.01.1922 fand in Torgau der 33. Verbandstag der Dachdeckerinnungen statt. Als Erinnerung versah man die Serie 2 und 3 (gelber bzw. roter Unterdruck, Frakturschrift) mit einem roten Handstempel: “Dachdecker-Verbandstag Torgau, 22./24. Januar 1922″.
Auflagehöhe: 2.600 Stück.

Am 02.06.1922 erfolgte der Aufruf zur Einlösung der Notgeldserie bei der Stadthauptkasse bis zum 31. Juli 1922, sie verlor am 30.06.1922 ihre Gültigkeit. Bereits am 06.07.1922 beschloß die Stadtverordnetenversammlung den Verkauf des eingelösten Notgeldes für 26.000 Mark, dessen Herstellungskosten 11.700 Mark betrugen. Ein zweiter Verkauf an Sammler erfolgte für 11.000 Mark im November 1922.

Ein weiterer Gutschein war noch im Umlauf, er wurde mit einem Typenstempel einseitig ohne Datum angefertigt und trägt die Aufschrift: “Milchversorgung der Stadt Torgau, 300,—”. Der Schein war wahrscheinlich 1922/23 im Verkehr, denn im April 1923 kostete bereits ein Liter Vollmilch 920 Mark.

Autoren:
Detlev Arlt und Fritz Walter

Quellenverzeichnis:
- P. Menzel, Deutsche Notmünzen und sonstige Geldersatzmarken 1873 bis 1932, Transpress-Verlag Berlin 1982
- H. Funk, Notgeldscheine 1914—1948 — Wesen und Erscheinungsformen, Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig 1979
- A. Keller, Verschiedene Kataloge über deutsche Notgeldscheine, Battenberg Verlag München 1976—79
- Torgauer Kreisblatt und Torgauer Zeitung, Jahrgänge 1914 bis 1924
- Protokolle der Stadtverordnetenversammlungen Torgau und Dommitzsch 1914 bis 1924

Herausgeber:
Kulturbund der DDR
Gesellschaft für Heimatgeschichte
Fachgruppe Numismatik Torgau

Fotos:
Martin Etzroth, Belgern
Klaus Reddmann (Internet), Torgau

Klischees:
Interdruck Leipzig

Satz und Druck:
Druckerei Kopielski Torgau

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