5 vor 12 – Die Dramatik der exponentiellen Funktion

Vor ca. 4 Wochen hatte ich ein Gespräch mit einem echten Vollblut-Marxisten. Meine Kritik an der destruktiven Umlaufsicherung mit Zins und Inflation wurde sofort, ohne dass er mich nach meinen weiteren Ansichten fragte, als Antisemitismus bezeichnet. Von 0 auf 100 war ich ein “Neurechter” und mein Gesprächspartner war gefangen in seinen ideologischen Ansichten weit ab von einer rationalen Betrachtung.

Der Zins ist aus Sicht der Geldanlegern etwas Positives. Geldvermögen wachsen automatisch weiter an. Wenn die jährlichen Zinserträge nicht entnommen und den vorhandenen Geldvermögen zugeschlagen und ebenfalls verzinst werden, wachsen die Geldvermögen beschleunigt. Sie wachsen exponentiell, d.h. sie wachsen von Jahr zu Jahr schneller.

Wann ist es 5 vor 12?

Alle mathematischen Funktionen und damit auch die Exponentialfunktion sind mathematische Werkzeuge.

Ist ein Werkzeug wie z.B. ein Schraubenzieher, wenn ich ihn beim festschrauben einer Schraube rechtsherum drehe automatisch ein politisch nicht korrektes Werkzeug?

Wurden die Windräder in unserem Land, die sich alle rechtsherum drehen, eventuell von neurechten Ökofuzzis errichtet?

Eine mathematische Funktion kann weder rechts noch links sein.

Es ist eine der größten Schwächen der Menschheit, dass wir nicht exponentiell denken können. Es fällt nicht nur schwer, die Dramatik einer exponentiellen Entwicklung zu erkennen, es ist auch nicht leicht, diese Funktion verständlich zu erklären.

Einige Menschen sind mit dieser Funktion vertraut, wie z.B. Alexander Dibelius (Deutschland-Chef der Investmentbank Goldman Sachs): “Dass … exponentielle Entwicklungen auf Dauer nicht durchzuhalten sind, lehrt schon die Biologie: Eine Bakterienkultur kann für eine gewisse Zeit exponentiell wachsen, aber irgendwann reicht der Nährstoff nicht mehr und sie bricht plötzlich zusammen. Man tut sich jedoch schwer zu erkennen, wann solch eine Entwicklung endet, wenn man selbst mitten drin steckt.”

Auch Kurt Biedenkopf (CDU) hat die Probleme exponentieller Prozesse erkannt: “Wirtschaftswachstum hat mit der Zinseszinsrechnung gemeinsam, dass es nach einer exponentiellen Funktion verläuft. Die jährliche Zunahme des BIP beschleunigt sich bei gleichbleibendem Wachstum, die Sprünge werden immer größer. In einer endlichen Welt sind derartige Prozesse nur auf Zeit möglich.”

Was ist eine Exponentialfunktion?

Die Exponentialfunktion beschreibt die Größe einer stetig anwachsenden Menge. Wenn wir wissen wollen, in welchem Umfang die Menge angewachsen ist, benutzen wir die Exponentialfunktion.

Wenn eine Menge jährlich um 100 % anwächst, dann wissen wir, dass sich am Jahresende die Menge verdoppelt hat.

Wenn eine Menge jährlich um 5 % anwächst, dauert es logischer Weise länger als ein Jahr, bis sich die Menge verdoppelt hat.

Die Zeit für die Verdopplung nennt man die Verdopplungszeit und diese kann sehr einfach ermittelt werden. Man nimmt die Zahl 72 und teilt diese durch den Prozentsatz des Wachstums pro Zeiteinheit. (72er-Regel)

72 geteilt durch 5 ergibt eine Verdopplungszeit von rund 14 Jahren. Unsere jährlich um 5% anwachsende Menge würde sich ca. alle 14 Jahre verdoppeln.

Stellen wir uns nun einmal vor, wir hätten diese Bakterienkultur, von der Alexander Dibelius sprach, und die Anzahl der Bakterien würde sich mit jeder Minute verdoppelt.

Um 11.00 Uhr morgens nehmen wir eine winzige Bakterie und legen sie in eine leere Flasche. Eine Stunde später ist die Flasche voll.

Eine Minute vor 12.00 Uhr ist die Flasche halbvoll.

Stellen wir uns weiterhin vor, diese Bakterien besäßen menschliche Intelligenz. Wann fiele ihnen zum ersten Mal auf, dass es in der Flasche eng wird?

2 Minuten vor 12.00 Uhr:
Die Flasche ist 1/4 voll. 75,00 % der Flasche sind leer.

3 Minuten vor 12.00 Uhr:
Die Flasche ist 1/8 voll. 87,50 % der Flasche sind leer.

4 Minuten vor 12.00 Uhr:
Die Flasche ist 1/16 voll. 93,75 % der Flasche sind leer.

5 Minuten vor 12.00 Uhr:
Die Flasche ist 1/32 voll. 96,87 % der Flasche sind leer.

5 Minuten vor 12.00 Uhr ist die Flasche nur zu rund 3 % mit Bakterien gefüllt.

5 vor 12

Nicht nur den Bakterien, auch uns Menschen fällt es schwer zu erkennen, wann es 5 vor 12 ist.

In einem Geldsystem mit “Fließendem Geld” lässt man derartige Probleme gar nicht erst entstehen. Mit einer konstruktiven Umlaufsicherung könnte man schon heute wirkungsvoll dem Problem der Vermögens- und Schuldenüberentwicklung entgegenwirken.

Quellen:
Wikipedia 72-er Regel

Süddeutsche.de 17. Mai 2010
Wir stecken nicht in einer weltweiten Depression

Zeit Online 25. November 2004
Kurt Biedenkopf “Wachstum schafft noch keine Arbeit”

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