Laut einer aktuellen DIW-Analyse von Markus M. Grabka und Christian Westermeier auf der Basis des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) sind die Vermögen in keinem Euro-Land so ungleich verteilt wie in Deutschland. Nicht nur zwischen arm und reich, auch zwischen Ost und West klafft die Schere weit auseinander.
Die Studie vermittelt den Eindruck, dass es in den letzten Jahren keinen signifikanten Veränderungen gab, weder bei den individuellen Nettovermögen in Deutschland, noch beim Gini-Koeffizient, der die Vermögensverteilung in einem Land misst. Grabka und Westermeier betrachten in ausgewählten Perzentilen die Nettovermögen von Bundesbürgern ab dem 17. Lebensjahr. Ein Perzentil, also ein 1%-Segment, gibt das geschätzte Nettovermögen von rund 700.000 Bundesbürgern wieder.
“Bei der Interpretation dieser Ergebnisse muss beachtet werden, dass eine bevölkerungsrepräsentative Stichprobe (Anm.: Erfassung von Vermögen durch Befragung) wie das SOEP den Bereich sehr hoher Vermögen tendenziell untererfasst und damit das Ausmaß an Vermögensungleichheit unterschätzt. Es kann vermutet werden, dass es in den vergangenen zehn Jahren zu einem Anstieg der Vermögensungleichheit gekommen ist, da nach der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung die Einkommen aus Unternehmertätigkeit und Vermögen im Vergleich zu den Arbeitnehmerentgelten überdurchschnittlich gestiegen sind.”
Ein Vergleich mit der PHF-Studie der Bundesbank zeigt, dass die Pro-Kopf-Nettovermögen in der aktuellen DIW-Analyse unterschätzt werden.
Eine zentrale Funktion von Vermögen ist die Stabilisierung des Konsums bei Einkommensausfällen, z.B. durch Krankheit, Arbeitslosigkeit und im Rentenalter. Das Vermögen ausschließlich durch körperliche und geistige Arbeit entstehen, ist ein weit verbreiteter Mythos.
Wie sieht es in der Realität aus? Die Vermögen wachsen zu größten Teil nicht durch Fleiß und Sparsamkeit, sondern leistungslos durch Zins und Zinseszins. Die Bundesbank spricht in mehreren Monatsberichten über die “Selbstalimentation der Geldvermögensbildung”. 1993 schätzte die Bundesbank diese zinsbedingte Zunahme der Geldvermögen auf 80% der Neuersparnisse.
Vermögen alimentieren sich also selbst, und zwar zu Lasten Dritter!
Diese Entwicklung wird auch bei einer genaueren Betrachtung des Volkseinkommens deutlich. In Deutschland konnte das Volkseinkommen, vereinfacht betrachtet die Summe aus Arbeits- und Kapitaleinkommen, in den letzten 20 Jahren um mehr als 65% gesteigert werden. Die Arbeitseinkommen blieben weit hinter dem Anstieg des Volkseinkommens zurück und erreichten nur rund die Hälfte des Anstieges des Volkseinkommens. Der Anstieg der Kapitaleinkommen fiel dem entsprechend deutlich höher aus. Damit reduziert sich zwangsläufig die Möglichkeit für Bezieher von Arbeitseinkommen, die vermehrt geschaffenen Produkte zu erwerben, selbst wenn der Bedarf vorhanden wäre. Die Kapitaleinkommen werden zum größten Teil nicht für den Konsum verwendet.
Wie groß ist die Kluft zwischen arm und reich tatsächlich?
Erst ein Vergleich mit dem Vermögen des Aldi-Gründers Karl Albrecht verdeutlicht, wie groß der Abstand zwischen arm und reich wirklich ist. Selbst das 99-Prozent-Perzentil der DIW-Studie verschwindet im “Nichts”.
Es ist unvorstellbar, dass Vermögen dieser Größenordnung ausschließlich durch körperliche und geistige Arbeit in einem Arbeitsleben entstehen können. Das aktuelle Gesamtvermögen von Karl Albrecht wurde vom US-Wirtschaftsmagazin Forbes im März 2014 auf ca. 18,2 Mrd. Euro geschätzt.
Den meisten Systemgewinnern sind die mit Zins und Zinseszins einhergehenden Probleme nicht bewusst. Die leistungslose Umverteilung durch Zins und Zinseszins wird auch von einem Großteil der Bevölkerung nicht hinterfragt. Selbst nicht von denen, die auf der Verliererseite stehen. Auch die beiden Aldi-Gründer haben von Menschen gemachte Gesetze nur vorgefunden und nicht erlassen. Nur sind die Gesetze der Wirtschaftswissenschaften keine Naturgesetze und mitnichten alternativlos.
Eine Wirtschaftssystem, dass in erster Linie dem Kapital dient, kann nur zeitlich begrenzt dem Gemeinwohl dienen. Die Dramatik exponentieller Geldsysteme wird in ihren Spätzeiten deutlich, wenn sie Menschen und Natur irreparable Schäden zufügen. Nur in einer Marktwirtschaft ohne Kapitalismus können diese Schäden vermieden werden. Fließendes Geld ist eine Antwort auf die Fragen unserer Zeit.
Quellen:
DIW Wochenbericht 9-2014 Vermögensverteilung
Wikipedia Karl Albrecht