Die Notgeldausgaben des Kreises Torgau (4)

5. Die Notgeldscheine der Stadt Torgau
Da die Ausgabe von Notmünzen wegen des gestiegenen Metallpreises für die Torgauer Stadtkasse zu teuer geworden war, beschloß die Stadtverordnetenversammlung am 25.03.1920 die Ausgabe von eigenen Notgeldscheinen in den Wertstufen 5, 10 und 50 Pfennig. Die Scheine erschienen mit Ausgabedatum vom 31.03.1920, sie haben eine unterschiedliche Größe, Farben und Motive sind gleich. Der Druck erfolgte auf weißes Papier ohne Wasserzeichen, die Vorderseite enthält die Wertzahl und Zierelemente in grün und die Schrift in schwarz, die Rückseite das Torgauer Wappen in rotbraun. Beide Seiten sind mit einem rotbraunen Wellenlinien-Unterdruck versehen.

Größe Auflage
  5 Pfennig 6,5 x 4,5 cm 75.000 Stück
10 Pfennig 7,5 x 5,0 cm 100.000 Stück
50 Pfennig 8,4 x 5,4 cm 40.000 Stück

Der Herstellungspreis betrug 1,93 Pfennig je Schein. Die Ausgabe war bis 31.05.1921 gültig und konnte bis 30.06.1921 eingetauscht werden.

Am 22.12.1920 schrieb die Torgauer Zeitung, daß das Notgeld schon zu Ende geht und neues beschafft werden soll. Der Magistrat beantragte am 10.01.1921 den Druck von insgesamt 1,1 Millionen Scheinen in den Wertstufen 5, 10, 25 und 50 Pfennig. Mit der Herstellung wurde die Torgauer Firma F.H. Schmidt beauftragt, da sie mit 26.000 Mark das günstigste Angebot unterbreitete. Die Entwürfe lieferte der Regierungs- und Baurat Rudhard aus Torgau. Die Stadtverordnetenversammlung beschloß jedoch die Bestellung der l,5fachen Menge (1,65 Millionen Stück), da “die Einnahme der Stadt wegen Aufkäufe der Sammler nicht zu unterschätzen ist”. Als Ausgabedatum ist auf den Scheinen der 10.02.1921 angegeben, sie gelangten jedoch erst im Juni in Umlauf. Der Druck erfolgte in schwarz auf Papier ohne Wasserzeichen, folgende Varianten treten auf:

Variante 1
- Unterdruck beidseitig dunkelblau und gelb
- Einlösungstext auf der Vorderseite bei den Wertstufen 25 und 50 Pfennig in Antiqua

Variante 2
- Unterdruck beidseitig blaugrün und gelb
- Einlösungstext bei den Wertstufen 25 und 50 Pfennig in Fraktur
Von dieser Serie gibt es auch Fehldrucke der Wertstufen 5 und 10 Pfennig ohne schwarzen Druck auf der Rückseite.

Variante 3
- Unterdruck beidseitig blau und rot
- Einlösungstext in Fraktur

Motive der Notgeldscheine

5 Pfennig: Größe 7,6 x 5,0 cm, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Der Kurfürst entbot der Torgauer Troß 1542″.

10 Pfennig: Größe 8,3 x 5,4 cm, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Sie zogen gen Würzen zu Fuß und zu Roß”.

25 Pfennig: Größe 9,2 x 5,7 cm, Vorderseite Marienkirche von Torgau, Rückseite Geharnischter mit Umschrift: “Die Kämpen trafen vor Würzen ein und kehrten hienach wieder heim 1542″.

50 Pfennig: Größe 10,0 x 6,5 cm, Vorderseite Schloß Hartenfels, Rückseite Geharnischter zu Pferd mit Umschrift: “Zum Dank den Bürgern ob der Müh der Fürst für immer den Harnisch lieh 1542″.

Die Rückseitenmotive nehmen Bezug auf ein Ereignis aus dem Jahre 1542. Der in Torgau residierende Kurfürst Johann Friedrich von Sachsen verlangte vom Bischhof von Meißen die Einziehung der Türkensteuer. Da dieser sich weigerte, zog der Kurfürst mit einem Heer unter Teilnahme Torgauer Bürger zur Besetzung Wurzens aus. Herzog Moritz, ein Freund des Bischofs, rüstete zur Befreiung Wurzens, jedoch kam es durch Schlichtung des Landgrafen Phillip von Hessen nicht zum Kampf. Als Dank überließ der Kurfürst den Torgauern die Rüstungen und es entwickelte sich daraus die Tradition der Geharnischtenfeiern zu den Jahrestagen des Ereignisses.

Die Abgabe der Notgeldscheine an die Geschäftsleute erfolgte mit einem Verwaltungsaufschlag von 10 Prozent. Nach Aussage des Bürgermeisters war die Auflage der Serie mit rotem Unterdruck geringer, so daß diese an Sammler gegen eine Luxussteuer von 50 Pfennig je Serie abgegeben wurde.

Vom 22. bis 24.01.1922 fand in Torgau der 33. Verbandstag der Dachdeckerinnungen statt. Als Erinnerung versah man die Serie 2 und 3 (gelber bzw. roter Unterdruck, Frakturschrift) mit einem roten Handstempel: “Dachdecker-Verbandstag Torgau, 22./24. Januar 1922″.
Auflagehöhe: 2.600 Stück.

Am 02.06.1922 erfolgte der Aufruf zur Einlösung der Notgeldserie bei der Stadthauptkasse bis zum 31. Juli 1922, sie verlor am 30.06.1922 ihre Gültigkeit. Bereits am 06.07.1922 beschloß die Stadtverordnetenversammlung den Verkauf des eingelösten Notgeldes für 26.000 Mark, dessen Herstellungskosten 11.700 Mark betrugen. Ein zweiter Verkauf an Sammler erfolgte für 11.000 Mark im November 1922.

Ein weiterer Gutschein war noch im Umlauf, er wurde mit einem Typenstempel einseitig ohne Datum angefertigt und trägt die Aufschrift: “Milchversorgung der Stadt Torgau, 300,—”. Der Schein war wahrscheinlich 1922/23 im Verkehr, denn im April 1923 kostete bereits ein Liter Vollmilch 920 Mark.

Autoren:
Detlev Arlt und Fritz Walter

Quellenverzeichnis:
- P. Menzel, Deutsche Notmünzen und sonstige Geldersatzmarken 1873 bis 1932, Transpress-Verlag Berlin 1982
- H. Funk, Notgeldscheine 1914—1948 — Wesen und Erscheinungsformen, Kulturbund der DDR, Bezirksleitung Leipzig 1979
- A. Keller, Verschiedene Kataloge über deutsche Notgeldscheine, Battenberg Verlag München 1976—79
- Torgauer Kreisblatt und Torgauer Zeitung, Jahrgänge 1914 bis 1924
- Protokolle der Stadtverordnetenversammlungen Torgau und Dommitzsch 1914 bis 1924

Herausgeber:
Kulturbund der DDR
Gesellschaft für Heimatgeschichte
Fachgruppe Numismatik Torgau

Fotos:
Martin Etzroth, Belgern
Klaus Reddmann (Internet), Torgau

Klischees:
Interdruck Leipzig

Satz und Druck:
Druckerei Kopielski Torgau

Dieser Beitrag wurde unter Torgauer Geld abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.